07
Dezember
2025

Bestimmung der Wald-Biomasse per Radar

Im Simultanflug mit Biomass-Satellit: Flugzeug-Radarmessung über Gabuns Regenwäldern

Der Himmel über Gabun in Zentralafrika war in den vergangenen Wochen Schauplatz einer besonderen Allianz: Ein Forschungsflugzeug des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) erstellte Radaraufnahmen des Regenwalds – in Flugbahnen simultan zum Erdbeobachtungssatelliten Biomass der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).

Credit: © DLR. Alle Rechte vorbehalten
GABONX: Internationale Zusammenarbeit in Gabun - Das Gruppenbild vom Media Day der GABONX-Flugmesskampagne in Libreville, Gabun zeigt Vertreterinnen und Vertreter von Ministerien, AGEOS, DLR und Klimaschutzorganisationen, des gabunischen Forschungszentrums CENAREST, der nationalen französischen Forschungsorganisation CNRS, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO der Vereinten Nationen sowie von Universitäten und Medien. Im Hintergrund ist das DLR-Forschungsflugzeug DO 228-212 D-CFFU mit dem seitlich installierten F-SAR-Radarsystem (Bildmitte, kastenförmiger Aufbau) zu sehen. Das flugzeuggetragene Radarsystem wird vom DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme zur Erprobung neuer Messverfahren auf den Anwendungsgebieten Umwelt, Verkehr und Sicherheit eingesetzt. Credit: © DLR. Alle Rechte vorbehalten

Die Messflüge der DO 228-212 D-CFFU wurden exakt auf die Überflüge des neuen Satelliten abgestimmt. Er umkreist die Erde seit April, um die globale Wald-Biomasse per Radar zu bestimmen. Die Radarmessungen aus der Luft erstellte das DLR-Team mithilfe ihres speziell entwickelten Flugzeugradars F-SAR. Diese werden nun mit den Satellitenmessungen verglichen, um die Qualität der Kalibrierung und der Biomass-Messungen festzustellen. Ziel der Forschenden ist es, mit hochmoderner Radartechnologie den globalen Klimaschutz zu unterstützen.

Credit: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)
Polarimetrisches F-SAR-Radarbild, aufgenommen im P-Band. - Im November 2025 erstellte das DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme spezielle Aufnahmen der tropischen Regenwälder in Gabun. Die Daten aus der Flugmesskampagne GABONX nutzen die Forschenden, um sie mit den synchron aufgenommenen Daten des neuen europäischen Erdbeobachtungssatelliten Biomass abzugleichen – damit dessen Radarsystem korrekt eingestellt werden und zukünftig hochgenaue Daten liefern kann. Das abgebildete Messgebiet Pongara liegt in einem ausgedehnten Flussdelta und beinhaltet vor allem sehr hochwüchsige Mangroven- und Sumpfwälder. Die Gegend mit seiner sehr reichhaltigen Fauna ist als Nationalpark ausgewiesen. Credit: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

In der ESA-Mission Biomass soll erstmals die Biomasse unserer Wälder weltweit präzise bestimmt werden. Dieses Wissen ist fundamental: Es ermöglicht die Berechnung, wie viel klimarelevantes Kohlenstoffdioxid (CO2) die Wälder speichern, aufnehmen und durch Abholzung freisetzen. Nur mit diesen genauen Zahlen können die Vorhersagemodelle zur globalen Erwärmung verbessert und zielgerichtete Maßnahmen gegen den Klimawandel und seine Folgen ergriffen werden.

Einzigartige Daten in hoher Qualität

Um eine hohe Datenqualität von Biomass sicherzustellen, muss das Radarsystem des Satelliten genauestens kalibriert und validiert werden. Hier kam die speziell ausgerüstete DO 228-212 D-CFFU zum Einsatz: Mit dem F-SAR-Sensor an Bord lieferte das DLR-Forschungsflugzeug Referenzmessungen, indem es kurz nach dem Satelliten über den gleichen Waldgebieten und mit der gleichen Radar-Blickrichtung Daten aufnahm. Die Vergleichsdaten ermöglichen das anschließende „Feintuning“ des Satelliten. Entsprechend wurde auch das Flugzeugradar des DLR-Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme vorab eingestellt und überprüft. In der Nähe des DLR-Standorts Oberpfaffenhofen verfügen die Forschenden über ein eigenes Kalibrierfeld mit hochpräzise vermessenen, bis zu fünf Meter großen Radar-Reflektoren als Referenzpunkten.

Genau bestimmen lässt sich die Biomasse tropischer Regenwälder dank hochmoderner SAR-Technologie (Synthetic Aperture Radar) und der Verwendung von sehr langen Radarwellen. Biomass ist der weltweit erste Radarsatellit, der im sogenannten P-Band arbeitet, also mit einer Wellenlänge von circa 70 Zentimetern. Der Vorteil: Die Radarsignale können tief in die Vegetation bis zum Waldboden vordringen. Bisherige radarbasierte Erdbeobachtungssatelliten sind dazu nur begrenzt in der Lage, da sie üblicherweise für Wellenlängen im Bereich weniger Zentimeter ausgelegt sind. Hinzu kommt eine spezielle Aufnahmetechnik, die polarimetrische Tomographie. So liefert Biomass Informationen über alle Schichten der Waldstruktur. Die Wissenschaft wird daraus wesentliche neue Erkenntnisse über das globale Wald-Ökosystem gewinnen. Der Datensatz der kommenden Jahre ist zudem elementar, um die globale Erwärmung genau zu berechnen.

Langjährige Erfahrung

Gabun ist zu 88 Prozent von Regenwald bedeckt und bietet ideale Bedingungen für die Forschung zur Bestimmung der Biomasse. Das DLR hatte bereits in den Jahren 2016 und 2023 mit demselben F SAR-Sensor Messungen in Gabun durchgeführt. Mit der erneuten Vermessung der damaligen Testgebiete soll ein weiteres Ziel der Kampagne erreicht werden: Veränderungen in der Biomasse und Struktur der gabunischen Wälder feststellen und quantifizieren.

Für die Flugmessungen wurde die Radarantenne an der Seite des DLR-Forschungsflugzeugs sowie an der Unterseite im F-SAR-Antennenträger angebracht. Die robuste und zuverlässige DO 228-212 D-CFFU wird von der DLR-Einrichtung Flugexperimente in Oberpfaffenhofen betrieben und ermöglicht vielseitige wissenschaftliche Einsätze – für Erdbeobachtungsmissionen wie auch den Synchronflug mit einem Satelliten. Für die Messflüge wurde das Forschungsflugzeug in Libreville stationiert. Geleitet wurde die DLR-Flugkampagne in Zusammenarbeit mit der gabunischen Raumfahrtagentur AGEOS (Agence Gabonaise d’Etudes et d’Observations Spatiales) im Auftrag der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA.

Mit dem erfolgreichen Abschluss der Flugkampagne beginnt nun die entscheidende wissenschaftliche Phase: die Prozessierung der gewonnenen Daten durch die Forschenden am DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme. Die Informationen werden anschließend mit den synchron aufgenommenen Daten des Biomass-Satelliten abgeglichen – damit dessen SAR-Radarsystem korrekt eingestellt werden und zukünftig hochgenaue Daten liefern kann.

Über die Mission Biomass

Biomass ist der erste Erdbeobachtungssatellit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), der zum Ziel hat, die globale Biomasse der Wälder zu kartieren. So soll der Kohlenstoff-Kreislauf besser verstanden und die Kohlenstoff-Speicherkapazität der Wälder bestimmt werden. Das Besondere an der Radarsatellitenmission ist der Betrieb des Radarsensors im langwelligen P-Band sowie die Aufnahmetechnik, voll polarimetrisch und mit einem Multi-Winkel-Aufnahmekonzept. Biomass wurde am 29. April 2025 erfolgreich vom Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana gestartet. Derzeit befindet er sich in der Kommissionsphase, in der seine Radarbilder kalibriert und validiert werden.

Insgesamt ist Deutschland mit über 20 Prozent an der Biomass-Mission beteiligt und zudem für zentrale technologische Arbeitspakete verantwortlich, darunter die Entwicklung des Radarinstruments und der Zentralelektronik durch Airbus Defence and Space GmbH. Weitere deutsche Unternehmen wie DSI Aerospace GmbH, OHB System AG, ArianeGroup GmbH, TESAT Spacecom GmbH, United Monolithic Semiconductors, Rockwell Collins GmbH und das Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) in Bremen sind an der Mission beteiligt. Darüber hinaus wurde zur Koordination der wissenschaftlichen Nutzung der Mission ein Projektbüro am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena eingerichtet. In enger Zusammenarbeit mit der Universität Jena, dem DLR und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung unterstützt es die nationale und internationale Nutzergemeinschaft durch Informationsaufbereitung, Identifikation von Lücken und Förderung des Austauschs – etwa über Webinare, Sommerschulen und Tutorials. Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR koordiniert diese Beiträge.

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