13
Juni
2024

Lokale Sturzflut-Gefahr vorhersagen

Forschende der Universität Freiburg entwickeln Index, um die Gefahr von Sturzfluten einzuordnen, der lokale Gegebenheiten berücksichtigt

Aktuell sind große Teile Baden-Württembergs und Bayerns von Starkregen, Hochwasser und deren Folgen betroffen. Neben Flusshochwassern bergen Sturzfluten in solchen Situationen eine große Gefahr. Diese sind schwer vorherzusagen, da bei ihrem Auftreten neben dem Niederschlag viele weitere Faktoren entscheidend sind. Ein Team unter der Leitung von Wissenschaftler*innen der Universität Freiburg hat nun einen Index entwickelt, der die jeweils erwartete lokale Gefahr von Sturzfluten angibt. Prof. Dr. Markus Weiler, Professor für Hydrologie an der Universität Freiburg, koordiniert das Projekt.

Grafik: Markus Weiler
Mit Hilfe des SFI könnte die Gefahr durch Sturzfluten in Zukunft besser vorhergesagt werden, um bei Starkregen wie in Bonndorf 2015 gezielter reagieren zu können. Grafik: Markus Weiler

In den sogenannten Sturzflutindex (SFI) fließen neben dem Niederschlag Eigenschaften des jeweiligen Gebiets mit ein. Relevant ist etwa, wie viel Wasser die lokalen Böden aufnehmen können: Handelt es sich um versiegelte Flächen? Ist der Boden bereits feucht oder gesättigt? In welchem Maße ist er mit Pflanzen bedeckt? Eine weitere Frage ist, wie das Wasser abfließt: Ist die Gegend flach oder hügelig? Treffen mehrere spontan gebildete Flüsse an einer Stelle aufeinander? Auf Basis von Bodenkarten und Daten etwa zu Landnutzung und Versiegelung berechnen die Forschenden diese lokalen Gegebenheiten mit Hilfe von hydrologischen und hydraulischen Computermodellen.

Risiko-Klassen geben an, wie gefährlich erwartete Sturzfluten werden

Besonders gefährlich sind Sturzfluten dann, wenn das Wasser mit hoher Geschwindigkeit fließt, der Wasserstand hoch ist, oder bei einer Kombination aus beiden Faktoren. In solchen Fällen könnten Fußgänger*innen oder Fahrzeuge Halt verlieren und weggeschwemmt werden. Um die Gefahr in einem bestimmten Gebiet abzuschätzen, haben die Wissenschaftler*innen vier Risiko-Klassen definiert: Keine bis geringe Gefahr, mäßige Gefahr, erhebliche bis große Gefahr oder sehr große Gefahr. Bei dieser Einordnung beziehen die Wissenschaftler*innen historische Erfahrungswerte mit ein. In welche Klasse ein Gebiet fällt, hängt davon ab, welcher Anteil der lokalen Flächen laut Modell von gefährlichen Sturzfluten betroffen sein wird.

Bewohner*innen rechtzeitig warnen und langfristig vorsorgen

Um den SFI zu testen, bestimmten die Forschenden Gefahren bei früheren Hochwassern anhand historischer Daten. Tatsächlich sagte der Index die jeweils betrachteten Sturzfluten korrekt vorher.  „Der SFI bietet einen deutlichen Mehrwert gegenüber bloßen Starkregenwarnungen“, sagt Weiler. „Mit Hilfe der Vorhersagen können Bewohner*innen betroffener Gebiete in Zukunft hoffentlich rechtzeitig gewarnt werden, Alarm- und Einsatzpläne objektiviert und verbessert werden. Langfristig hilft der Index, vorzusorgen und die lokalen Gefahren durch Sturzfluten zu verringern. Um seinen Einsatz voranzutreiben, sind wir bereits mit mehreren Landesämtern im engen Kontakt.“

Der SFI wurde im Rahmen des vom BMBF geförderten Projekts AVOSS (Auswirkungsbasierte Vorhersage von Starkregen und Sturzfluten auf verschiedenen Skalen: Potentiale, Unsicherheiten und Grenzen) entwickelt. An der Forschung beteiligt sind Wissenschaftler*innen mehrere Universitäten und Forschungseinrichtungen aus ganz Deutschland, die mit Meteorolog*innen und Ingenieurbüros zusammenarbeiten.

Weitere Informationen:

Hintergründe zum SFI

Mehr Informationen zu AVOSS

 

 

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